REAL ODER NICHT?

Die Tore des Fühlens werden bei mir manchmal geöffnet,
Du hast dies gut verstanden,
leider werden sie durch den Wind, der einfach oft weht
mit solcher Vehemenz zugeknallt.
Dann mach ich wieder die paar Schritte zur Tür,
leg meine Hand auf die Schnalle,
spür das kalte Metall auf meiner Fingerhaut,
mach diese Handbewegung des Öffnens,
die ja schon so automatisiert ist, ohne nachzudenken,
drück die Schnalle nach unten durch und
reiß mit einem Ruck die Türe auf.
Ganz weit.
Meist werd ich durch den Luftzug der mir so plötzlich entgegenkommt
umgeworfen, sodaß ich meine Gedanken nicht ordnen kann.
Öffne dann meine Arme und geniesse den Wind, der mich umweht,
geniesse ihn mit jeder Faser meines Seins.
Solange bis der Sturm zu stark wird und an meinen Haaren zerrt,
meine Haut peitscht, durch mein Herz flutet, den letzten Tropfen Blut aus
meinen Adern weht.
Es ist nicht verwunderlich, bei dieser Hingabe, daß ich davon selbst
zerfressen werde, selbst die verdammte Leere in den Adern hab, nur mehr den
Kopf hebe um wenigstens die kleinen Sonnenstrahlen zu geniessen, wenn schon
das Streicheln des Windes meinen Bauch nicht mehr erreicht.
Mit dem Verdauen ist es auch so eine Sache: natürlich kann man jede Art von
Nahrung auf natürlichem Weg wieder loswerden, geht automatisch,
jedoch, wenn man die Türen so weit aufreisst, den Luftzug so tief einatmet,
kommt,
je höher man fliegt -
desto tiefer der Sturz, desto stärker der Aufprall.

Es passiert mir nicht oft, derart tief verletzt zu sein, aber es ist
passiert.
Doch diese derart tiefe Verletztheit, diese Gabe dies so empfinden zu
können,
gibt mir auch die Möglichkeit, die Schönheiten so derartig zu geniessen, so
mit Herz und Seele da zu sein.

Na, den Scheisskerl lieb ich nicht mehr, wie denn auch:
ich hab ihm gegenüber keinerlei Bauch mehr - nur mehr Kopf - eh besser so.
Ich lieb ihn nicht mehr, nur das Gefühl, die schönen Stunden, über die ich
mich freue, sie erlebt zu haben, die lieb ich - ich lieb auch
mich selbst dafür
so gewesen zu sein, alles gegeben zu haben, mit dem Wissen:
DASS DER AUFPRALL WIE EIN MESSER IN DEN BAUCH FAHREN WIRD - MEIN INNERSTES
NACH AUSSEN KEHRT; MEIN ÄUSSERSTES NACH INNEN UND NOCH MAL VON VORNE.

Ja der Tiefflug mit ihm, hat mir den Steilflug mit dir erst ermöglicht.
Du wirst mir hoffentlich deinen Zuspruch geben, wenn ich behaupte:
bei so einem Tiefflug muss es einfach dauern, bis die Windverhältnisse und
Thermik sich wieder optimieren um wieder konstant fliegen zu können.
Ohne dauernd ins Trudeln zu kommen.
Es wär ja traurig, wenn ich keine Zeit zum Verdauen bräuchte, ich braucht ja
auch die Zeit bis ich die Tür öffnete.
Danke Adler, hast meinen Sturz kurz vor dem Aufprall aufgehalten, die
Verletzungen stammen nur vom abrupten Fallen,
hast mit deinen großen Kleinigkeiten ein paar Fäden vom Fangnetz aufgelöst.
Ja auch ich liebe die Laubfarben im Herbst, diese warmen Farbtöne, die von
einem schönen Sommer schwärmen, die Blätter die sich nochmal ihr schönstes
Kleid anziehen, bevor sie zu
BODEN
fallen, um zu verfaulen und ihr Leben wieder dem Boden zurückgeben, damit im nächsten
FRÜHLING
die neuen Blätter noch gründer werden können.

VIELLEICHT BIN ICH GRAD EINES DIESER SCHÖNEN BLÄTTER;
VIELLEICHT LIEG ICH JETZT GRAD AM BODEN UM ZU ZERFALLEN;
WERD DANN MEINE SUBSTANZEN IN DIE ERDE OPFERN UND MEIN GEIST
WIRD DANN ZUM SCHÖNSTEN GRÜNEN BLATT DES NÄCHSTEN FRÜHLINGS!!!!!!!!

Tanja Salbrechter